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Senkaku-Inseln: Japan bereitet sich auf Konflikt mit China vor

Im Vorfeld der Olympischen Spiele in Tôkyô bereiten sich Japans Sicherheitsorgane wesentlich intensiver als bisher bekannt auf mögliche Grenzkonflikte mit China vor. So hat die japanische Küstenwache gemeinsam mit Polizeikräften und Mitarbeitern des Außenministeriums nach Medienberichten mehrfach Planspiele für den Fall durchgeführt, dass die von Japan verwalteten und von China und Taiwan ebenfalls beanspruchten Senkaku-Inseln (Senkaku Shotô 尖閣諸島)im Ostchinesischen Meer durch chinesisches Militär besetzt werden sollte. Die USA, mit denen Japan gemeinsame Manöver durchführt, sind mit im Boot. Die militärischen Planspiele werfen Licht auf die Publikation einer Landkarte auf der Website des Organisationskomitees für die Olympischen und Paralympischen Spiele, in der eine Reihe von Inseln eingezeichnet sind, die sowohl von Japan als auch von Nachbarstaaten beansprucht werden.

 

So sei im Februar ein Planspiel für den Fall durchgeführt worden, dass ein Boot der chinesischen Küstenwache sich den zur Präfektur Okinawa gehörenden und von der Gemeinde Ishigaki verwalteten Inselformation nähern bzw. an Land gehen wollte. Daran sei auch das US-Militär beteiligt gewesen, berichtet die Sankei Shimbun (06.06.2021). Das Blatt bezieht sich in seinem Bericht auf Angaben mehrerer japanischer Regierungsbeamter.  

 

Die Vorbereitungen gelten den Angaben zufolge der Koordination der Abläufe zwischen den verschiedenen Sicherheitsorganen in „Situationen in der Grauzone“ zwischen Friedenszeit und Notstand bis hin zu bewaffneten Konflikten. Stattgefunden hätten die militärischen Trockenübungen in den Räumen des Hauptquartiers der Japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte in Tôkyô. 

 

Die Planspiele beinhalteten auch Szenarien, bei denen auf chinesische Seestreitkräfte oder Aktivisten im Fall einer Annäherung bzw. Anlandung auf eine der seit längerem unbewohnten Inseln scharf geschossen werde, so das Blatt. Außerdem wurde der Transport von Grenzsoldaten mit Booten der Küstenwache und der Selbstverteidigungsstreitkräfte simuliert. 

 

Jedoch sollen, falls sich ein Zwischenfall zu einem wirklichen bewaffneten Konflikt auswachse, den Planspielen zufolge die japanischen Soldaten und Polizisten von den Senkaku-Inseln zurückziehen. Die Küstenwache solle dann jedoch in umliegenden Gewässern kreuzende Handelsschiffe eskortieren und – sollte sich der Konflikt weiter ausweiten – die besiedelten Teile der sogenannten Sakishima-Inseln (Sakishima Shotô 先島諸島) evakuieren sowie möglichereweise verletzte Soldaten transportieren. Der Ausdruck Sakishima-Inseln umfasst im Wesentlichen die Yaeyama- und Miyako-Inselgruppen sowie die Senkaku-Inseln 150 Kilometer nördlich davon. 

 

Mit gemeinsamen Manövern versuchen die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte und die US-Marine in den Gewässern nahe der Senkaku-Inseln Abschreckung gegen „Eskalationen von chinesischer Seite“ aufzubauen, wie die Zeitung schreibt. Im Mai führten die Militärs beider Länder sowie Frankreichs ein gemeinsames Manöver in der Region durch, man wolle so ein Signal der Stärke gen China senden, sagte ein französischer Vertreter dabei (vgl. tagesschau.de, 11. Mai 2021). Im April hatte US-Präsident Joe Biden gegenüber Japans Premierminister Suga Yoshihide die Sicherheitsgarantie Japans untermauert, wenn nötig unter Verwendung des gesamten vorhandenen militärischen Arsenals einschließlich Atomwaffen. Der Beistand gelte auch für den Fall chinesischer Interventionen auf den Senkaku-Inseln (vgl. Zeit Online, 17.04.2021).  

 

Die neuerliche Nachricht von militärischen Planspielen im Vorfeld der Olympischen Spiele von Tôkyô wirft Licht auf die Publikation einer umstrittenen Karte durch das Organisationskomitee der Sommerspiele zur Illustration der Route des olympischen Fackellaufs (siehe Ausschnitt auf dem Cover-Foto; Quelle: Tôkyô 2020). Darauf sind, nur mit extremer Vergrößerung wahrnehmbar, sowohl die Senkaku-Inseln als auch die zwischen Japan und Südkorea strittige Felsenformation Takeshima bzw. Dokdo im Koreanischen eingezeichnet. Deutlich sichtbar dagegen auf der Karte die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs von Russland besetzten südlichen Kurilen-Inseln, die Japan zurückverlangt (siehe Blogbeitrag 

"Territorial-Streitigkeiten und Kriegssymbolik: Wie Japan die Olympischen Spiele politisch instrumentalisiert"). 

 


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