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Horrente Anwaltskosten im Tôkyô 2020-Bestechungsskandal: Die Zeche zahlt das JOC

Gegen den früheren Vorsitzenden des Bewerbungskomitees von Tôkyô 2020, Takeda Tsunekazu, wird noch immer in Frankreich wegen Bestechungsverdachts ermittelt. Nun wurde bekannt: Über 1,5 Millionen Euro an Anwaltskosten fielen für ihn bislang dafür an. Und das Japanische Olympische Komitee (JOC) kommt für alles auf. Die damaligen Zahlungen seien rechtmäßig gewesen, verteidigt die Sportorganisation die als "Beratung" getarnten oder wahlweise "für Analyse" verausgabten mutmaßlichen Bestechungsgelder an die Firma Black Tidings unverdrossen. Und der Beschuldigte Takeda will weiter "meine Unschuld beweisen".


Die Olympischen Spiele in Tôkyô sind Geschichte. Die Geschichte der Bewerbung für die inmitten der weltweiten Corona-Pandemie durchgezogenen Spiele ist indessen noch lange nicht zu Ende erzählt. Noch immer laufen dazu in Frankreich Ermittlungen gegen den früheren, längjährigen Vorsitzenden des Japanischen Olympischen Komitees, Takeda Tsunekazu. In seiner Funktion als Chef des Bewerbungskomitees für Tôkyô 2020 hat der einstige Olympiateilnehmer im Springreiten Zahlungen über 1,8 Millionen Euro an die Briefkastenfirma Black Tidings in Singapur abgezeichnet, die anders als durch Bestechung vernünftigerweise nicht zu erklären sind. Mit dem Geld sollte sichergestellt werden, dass afrikanische IOC-Mitglieder 2013 bei der IOC-Session in Buenos Aires pro Tôkyô stimmen würden, so der höchst plausible Verdacht. 

 

Allerdings ist dies nur eine Episode im mittlerweile komplexeren Verdachtsgeschehen um massive Korruption bei Tôkyôs Bewerbung - sogar der amtierende Premierminister Suga Yoshihide ("Wir kommen nicht umhin, Afrikaner zu kaufen") steht dabei nach einem Bericht des Magazins Shûkan Shinchô im Zwielicht, ebenso wie der frühere Premier Mori Yoshirô, der seinen Posten als Vorsitzender des Organisationskomitees wenige Monate vor den Spielen allerdings nicht wegen Korruption, sondern wegen eines Sexismusskandals aufgeben musste. 

 

Was Takeda anbelangt, so hat er die Zahlungen zugegeben, die Korruptionsabsicht bestreitet er weiter. Rückendeckung erhielt er vom Olympischen Komitee Japans, dem er rund zwei Jahrzehnte lang vorstand. Noch während seiner Amtszeit stellte das Nationale Olympische Komitee Japans seinem Präsidenten einen monetären Persilschein aus: Im März 2019 beschloss das Präsidium laut eines Berichts der Tageszeitung Asahi Shimbun vom 8. August, für Takeda bis zum Ende der in Frankreich aufgenommenen Ermittlungen die Kosten für anwaltliche Vertretung in voller Höhe zu übernehmen. Alleine bis 2020 sollen diese sich über drei Jahre hinweg auf mehr als 200 Millionen Yen (ca. 1,54 Mio. Euro) belaufen haben. Für seine Verteidigung unterhält Takeda ein japanisch-französisches Anwaltsteam. Auch die Übersetzung der vielen Schriftsätze und Dokumente verschlingt hohe Summen.

 

Das JOC beharrt wie Takeda weiter darauf, dass der Vertrag mit Black Tidings rechtmäßig gewesen sei, obwohl längst bekannt ist, dass dieser erst geschlossen wurde, nachdem das IOC die Olympischen Spiele an Tôkyô vergeben hatte. „Der frühere JOC-Präsident Takeda hat mit Genehmigung des Japanischen Olympischen Komitees den Vorsitz über das Bewerbungskomitee übernommen“, erklärte jemand aus dem Umfeld des damaligen Anwerbeteams. „Für dessen Aktivitäten trägt das jeweilige Nationale Olympische Komitee die Verantwortung, so ist es in der Olympischen Charta festgelegt.“ Die unter Verdacht stehenden Zahlungen seien im übrigen nicht aus staatlichen Zuschüssen, sondern aus von Unternehmen vereinnahmten „unabhängigen Geldquellen“ bestritten worden.  

 

Eine Anfrage des Blattes ließ Takeda über einen Anwalt beantworten, auf JOC-Kosten, wie man annehmen darf. „In dieser Angelegenheit habe ich als Vorsitzender des Bewerbungskomitees gehandelt. Ich hatte keinerlei persönlichen Nutzen oder eigennützige Motive. Ich bin vor allem dem Präsidenten Yamashita Yasuhiro für sein Einverständnis zutiefst dankbar. Ich möchte das in mich gesetzte Vertrauen rechtfertigen, indem ich meine Unschuld beweise.“ 

 

Mehr zu den Korruptionsvorwürfen um Olympia 2020/21 in:

 

„Tôkyô 2020. Olympia und die Argumente der Gegner“

 (2. Auflage 12. Juli 2021)

Verlag: Books on Demand Norderstedt

294 Seiten, 31 Abb., 16,90 € – E-Book: 7,49 €

 

ISBN-13: 978-3-74480-232-1

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